Wird gegen die Winterreifenpflicht verstoßen drohen Bußgelder in Höhe von (EUR 40,00 (ohne Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer) und EUR 80,00 (mit Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer). Hinzu kommt, was für Viele besonders ärgerlich sein dürfte, mindestens 1 Punkt in Flensburg.
Es stellt sich nun die Frage, gilt die Winterreifenpflicht auch für Motorradfahrer?
Der Gesetzestext ist dabei aufgrund der Vielzahl an Bezugnahmen und Verweisen sehr umständlich und schwierig zu lesen.
Zunächst stellt das Gesetz klar, bei welchen Witterungsverhältnissen Winterreifen aufgezogen werden müssen:
„Bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte (…)“
soweit ist der Wortlaut der Norm noch recht klar
„darf ein Kraftfahrzeug“
Es stellt sich die Frage, ob ein Motorrad ein Kraftfahrzeug im Sinne der Vorschrift ist.
Was ist ein Kraftfahrzeug?
Es findet sich sowohl auf Bundesebene als auch auf europäischer Ebene eine Definition des Begriffs Fahrzeug.§ 1 Abs. 2 StVG definiert als Kraftfahrzeuge als Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein, gelten.
§ 2 Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV) bestimmt in Ziff 1 als Kraftfahrzeuge alle nicht dauerhaft spurgeführte Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden und in Ziff. 3 Fahrzeuge als Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger und in Ziff. 9 Krafträder als zweirädrige Kraftfahrzeuge mit oder ohne Beiwagen, mit einem Hubraum von mehr als 50 cm³ im Falle von Verbrennungsmotoren, und/oder mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 45 km/h.
Nach diesen Bestimmungen sind Motorräder Kraftfahrzeuge im Sinne des § 2 Abs. 3a StVZO.
Die Richtlinie 92/23/EWG stellt (mit Verweis auf Richtlinie 70/156/EWG ) folgende Definition zur Verfügung:
„Als Fahrzeuge im Sinne dieser Richtlinie gelten - mit Ausnahme von Schienenfahrzeugen sowie landwirtschaftlichen Zug- und Arbeitsmaschinen - alle zur Teilnahme am Strassenverkehr bestimmten Kraftfahrzeuge mit oder ohne Aufbau, mit mindestens vier Rädern und einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h , sowie ihre Anhänger.“
Danach sind Motorräder nicht per Definition erfasst.
Richtlinien sind in nationales Recht umzusetzen. Der Gesetzgeber hat bei der Umsetzung einer Richtlinie in nationales Recht einen gewissen Entscheidungsspielraum, Richtlinien sind nicht wortwörtlich umzusetzen.
Der Wortlaut des § 2 Abs. 3a StVO spricht ausdrücklich von Kraftfahrzeugen und nicht von Fahrzeugen.
Der weiter gefasste § 1 StVG, § 2 FZV überlagert meiner Ansicht nach auch die europ. Regelung, so dass auch Motorräder erfasst werden
Weiter verweist meiner Ansicht nach § 2 Abs. 3a StVO nicht generell auf die europarechtl. Regelungen.
Viel mehr „bedient“ sich die Norm lediglich an 2 Punkten der Definitionen der EWG Richtlinie.
Eine globale Anwendung der Richtlinie ist auch nicht notwendig, da die EWG Richtlinie mit der Änderung der StVZO/FZV in nationales Recht umgesetzt worden ist.
Zum Einen verweist § 2 Abs. 3a StVO im Hinblick auf die Art der Reifen auf die Richtlinie 92/23/EWG.
Zum Andern bedient sich § 2 Abs. 3a StVO zur Bestimmung von Ausnahmen ausdrücklich der europarechtl. Definitionen der Fahrzeugklassen.
Nach meiner Ansicht sind danach Motorräder von der Regelung der Winterreifenpflicht umfasst.
Es stellen sich danach zwei weitere Fragen:
1. Was ist ein Winterreifen?2. Liegt eine Rückausnahme vor?